Es mag verrückt klingen: wenn der Weinhändler sich über eine frische Lieferung Olivenöl mehr freut wie über eine Lieferung Wein, dann stimmt doch etwas nicht. Entweder der Gute muss dringend mit einem Befund auf die Couch, oder aber das Olivenöl ist wirklich so einzigartig spektakulär gut, dass es einfach keine andere logische Reaktion geben kann.
Tonda Iblea – der Superstar aus Sizilien
Es waren vermutlich die Sarazener (700 n. Chr.), die vor Ur-Zeiten auf ihrer Wanderschaft von der arabischen Halbinsel aus Richtung südlichem Mittelmeerraum die Olivensorte ‚Tonda Iblea‘ im Südosten Sizilien gepflanzt hat. Noch heute zeugen jahrhundertealte, knorrige Riesen von dieser Zeit. Man munkelt, dass diese Sorte so robust und unsterblich ist, dass auch Tausendjährige Bäume zu erwarten sind. Die Sorte ist sehr laubstark, die produzierte Olive hingegen eher geizig im Ertrag. Nur 8-10% Öl können aus einem Kilo Oliven gewonnen werden. Somit wird ein Olivenöl der Sorte ‚Tonda Iblea‘ nie zu den billigsten Ölen auf dem Markt gehören können.
Der Anbau spielt sich fast ausschliesslich in der Hügelzone der Monte Iblei (die Hybläischen Berge) ab. Bis Syrakus an der Ostküste sind es knapp 50 km Luftlinie, bis Catania (nordöstlich) ca. 100 km und der ‚Gemüsegarten‘ Siziliens an der Küste rund um Acate im Südwesten ist nur ca. 20 km Luftlinie entfernt. Dort findet man fast schon ‚holländische Verhältnisse‘ vor: hunderte von Gewächshäusern reichen fast bis in die Meeresbrandung hinein.
Die Monte Iblei strecken sich bis auf 1000 Meter Höhe und sind zum Teil stark zerklüftet. Prägend ist ein Kalksandsteinboden mit Derivaten von Lava. Vom Meer her kommt immer eine kühlende Brise, auch sind ergiebige Regenfälle bis ins Frühjahr hinein nicht unbedingt selten.
Südwestlich der helle Küstenstreifen: hier reihen sich Gewächshaus an Gewächshaus. Das ‚Agrigento‘ in der Provinz Ragusa gilt als der Gemüsegarten Siziliens.
Oleificio Guccione
Der Begriff ‚Oleificio‘ bezeichnet eine Ölmühle, also ein Ort wo eigene bzw. angelieferte Oliven zu Olio verarbeitet wird. Nicht jeder ‚Olivenbauer‘ verfügt über eine eigene Olivenmühle, da das Invest viel zu intensiv ist. Häufig ist die Anzahl der im Besitz befindlichen Olivenbäume aufgrund von Erbteilung etc. so gering, dass nur eine geringe Menge geerntet werden kann. Bei einer Ausbeute von lediglich 10% zu fertigem Öl lässt sich schnell errechnen: eine eigene Ölmühe lohnt sich nicht. Zudem ist der Aufwand für Hygiene und schnell ablaufende Verarbeitungsprozessen nicht zu unterschätzen. Bereits 1990 investierten die Eltern der heutigen Generation in eine hochmoderne Olivenpresse und verabschiedeten sich von den bis dato (oder immer noch teilweise üblichen) Kokosmatten, auf dem Olivenbrei zum Auspressen gestrichen wurde. Die Ölmühle Guccione war schon immer ein Ort, wo (Klein-) Bauern der Umgebung ihre Oliven zur weiteren Verarbeitung angeliefert haben. Somit ist eine Olivenmühle existentiell für das Funktionieren einer kleinteiligen Agrarwirtschaft: nur wenn gewährleistet ist, dass das eigene Produkt verarbeitet und vermarktet wird, lohnt es sich für den Kleinbauern die Oliven (hochwertig) zu ernten.
Die dritte Generation
Vito und Giuseppe Divita sind die aktuelle, junge ‚Ölmüller-Generation‘. Erneut wurde in high-tech investiert: Edelstahl wohin das Auge reicht, dazu Digitalisierung bis in den letzten Winkel der Produktion um drei Dinge zu gewährleisten: Hygiene, Hygiene und nochmals Hygiene. Nur wenn man mikrobiologische Prozesse so weit wie möglich eliminiert, ungewünschte Fermentations- und Oxidationsprozesse vermeidet, wird man mit dem exklusiven Genuss eines unverfälschten Olio Extra Vergine di Oliva belohnt.
‚Zahara‘ das ‚Monocultivar‘
Als ‚Monocultivar‘ bezeichnet man ein Olivenöl, dass aus einer einzigen Sorte produziert wird. Das ‚Zahara‘ (bis zur Wüste Sahara sind es keine 1000km Luftlinie) ist das Topp-Produkt der Gebrüder Divita und wird natürlich aus der ‚Königin‘ der Region, der Sorte Tonda Iblea produziert. Seit dem Jahr 2017 kontinuierlich mit den 3 Olivenblättern des Gambero Rosso ausgezeichnet (die höchste Auszeichnung der italienischen Fachzeitschrift). Tonda Iblea verfügt über nahezu keine Säure, erinnert in Geruch und Geschmack an frisches Tomatenblatt, an Heu und Artischocke. Seine Einzigartigkeit ist aber diese unfassbare Eleganz und Feinheit. Das Öl wirkt trotz aller Power fast schon zärtlich am Gaumen.
Die Gebrüder Divita haben aber nicht nur in die Technik der Ölmühle investiert: auch die Produktgestaltung und das Marketing haben einen komplett modernen Anstrich erhalten, ohne dabei die traditionellen Wurzeln zu verleugnen. Das ‚Zahara‘ führen wir aufgrund der überwältigen Resonanz unserer Kunden ausschließlich als 500ml Flasche in der Präsentbox.
Hier gibt es das Öl im Shop
Das POP ist kein DOP
Ein recht cleveres Wortspiel finden wir beim Basisöl von Guccione: DOP ist das Kürzel für ‚Denominazione di Origine Protetta‘, also eine mit einem Siegel versehene geschützte Herkunftsbezeichnung innerhalb der EU. Das DOP-Siegel gibt es für Wein, für den Aceto Balsamico di Modena, den Parmigiano Reggiano usw. Das Siegel kann (je nach Absatzmarkt) Sinn machen, ist aber nicht automatisch ein Siegel für herausragende Qualität. Die Divita verzichten auf das (kostenpflichtige) Siegel und nennen ihr Basis-Öl frech ‚Pop‘. Hier handelt es nicht um ein Monocultivar, sondern um einen gemischten Satz aus Biancolilla, Nocellara, Moreasca und Carolea. Auch diese wieder für den Südosten Siziliens typische und hochqualitative Sorten. Das Öl wirkt etwas kräftiger und schärfer als das ‚Zahara‘, ist aber genauso aromatisch. Für uns ein must have in der eigenen Küche, daher aktuell auch nur in der 3 Liter Weissblechdose zum Preis von € 49,00 lieferbar.
„A Chiaramonte Gulfi si produce un olio di eccezionale bontà: giallo oro, è come un sentiero pieno di brividi verdi. Saporito, strutturato, quasi privo di acidità.
Lo considero il migliore della Sicilia“. (Wein – und Genusspapst Luigi Veronelli, 1926-2004)
„In Chiaramonte Gulfi wird ein außergewöhnlich gutes Öl hergestellt: goldgelb, wie ein frischer, grüner Weg. Es ist schmackhaft, strukturiert und hat fast keine Säure.
Ich halte es für das beste in Sizilien.“