Wente Zinfandel – kommt der bessere Primitivo aus California?

Das ich mal behaupten werde, in Kalifornien wird der ehrlichere Primitivo angebaut…was muss denn da mit dem guten Herrn Wirtz passiert sein?!?
Ziemlich viel. Long time ago, ein Sprung zurück ins Jahr 1999. In dem Jahr war ich mit einem Kollegen aus Österreich auf Entdeckungstour über de Emilia Romagna, die Marken bis runter an die Ferse des italienischen Stiefels. Brindisi, Taranto, Manduria, Gioia del Colle. Ganz tief in Apulien, der Heimat des Primitivo.

‚Mr. Primitivo‘

Bis zum Ende der 1990er/ Anfang der 2000er Jahre gab es noch viele Genossenschaften (viele inzwischen pleite und von Grossabfüllern übernommen) und es gab diesen positiv verrückten Gregory Perrucci von der ‚Accademia dei Racemi‘, den alle Welt nur ‚Mr. Primitivo‘ nennt. Was er für das Renommee dieser Rebsorte geleistet hat, geradezu unfassbar. Ich bin mir sicher, hätten er und seine Schwester nicht dermaßen ins Horn für diese Rebsorte geblasen, sie würde noch heute Niemanden interessieren. Weinen wie der ‚Dunico‘ von wurzelechten Reben im Sand, fast schon mit den Wurzeln im Meer stehend, waren regelrechte Ikonen des Weinbaus in Apulien. Wie erwähnt: das war 1999.

20 Jahren sind auch im Weinbau eine lange Zeit…

Heute, mehr als 20 Jahre später, ist für meinen Geschmack der echte Primitivo ‚verhunzt‘. Komplett auf dem Altar des Modeweins geopfert. Oder aber mit Anabolika auf Möchtegern-Amarone getrimmt. Wie’s auch sei: die Seele, dieser ursprüngliche Charme des Primitivo, ist komplett geopfert, geopfert als ‚Dornfelder halbtrocken‘. Not my style, but really big business, so scheint es.
Verrückterweise war aber gerade der enge Verwandte des Primitivo, der Zinfandel aus Übersee, zur Jahrtausendwende genau dieses ‚Weinmonster‘, welches man (ich) nicht haben wollte. Zu dick, zu fett, zu ‚oaky‘. Und jetzt, 20 Jahre später ist dieser kalifornische Zinfandel von ‚Wente Vineyards‘ fast schon der Inbegriff von Eleganz. Subtile Fruchtaromen, die aber nie ins Marmeladige oder Gekochte abdriften, frische Johannisbeere, frische Himbeere, solide & saubere Säure die die Fruchtnoten trägt. Perfekter, fast unmerklicher Holzeinsatz. Nicht zum Aromatisieren des Weinen, sondern zur Oxygenierung eingesetzt. Das macht den Wein rund, weich, zärtlich. Guter Zug am Gaumen, ein Wein der wirklich viele Geschmäcker trifft ohne sich über Süße anzubiedern. Hier wird auch nicht versucht mit Gewalt ein Tannin-Gerüst zu bilden, nein, dieser Wein bleibt komplett auf einer frisch-fruchtigen und eleganten Art. Well done!

Zu früh gefreut? Die Logistik….

Leider gibt es aber auch einen Wermutstropfen: die Transportkosten aus Übersee explodieren gerade förmlich. Der Einkaufpreis für diesen Wein steigt gerade um schlappe 30% – und das nur aufgrund der Frachtraten. Wir haben zum Glück noch Ware zu den alten Frachtraten bekommen, so dass der Wein bei uns aktuell unverändert € 10,90 die 750ml Flasche kostet. Wer noch zugreifen möchte, sollte dies tun – mittelfristig wird es nicht mehr günstiger!

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