NOVAK – Wein aus der Republik Moldau

Endlich! Nach meiner Moldau-Reise im Februar 2022 mit den furchtbaren Begleiterscheinungen des Angriffskrieges auf das Nachbarland Ukraine gab es nun doch ein vorläufiges Happy-End. Mit etwas Verspätung konnten wir nun endlich ein Weinseminar mit Weinen der NOVAK Winery durchführen. Denn seien wir mal ehrlich: wann gab es in Deutschland schon mal ein Tasting mit 12 Weinen aus diesem bei uns eher unbekannten (Wein-) Land?
Bewusst hatte ich auf de Novak-Winery gesetzt, weil Andrej in den letzten Jahren extrem auf autchothone Sorte setzt. Es ist nicht übetrieben, ihn als Retter der fast vergessenen weissen Rebsorte Alb de Onițcani zu bezeichnen. Und soviel sei vorweg genommen: diese Rebsorte hat uns in all ihren Schattierungen während des Seminares mächtig Freude bereitet!

Andrej NOVAK – stets unter ‚Volldampf‘ in Sachen Wein:

Andrej ist ein Mensch, der möglicherweise die Energiekrise lösen könnte. Dieser Mann strotzt nur so vor Energie und Tatendrang und könnte wahrscheinlich so ganz nebenbei noch 10 Turbinen antreiben.
Sein Vater hat 2004 einen Betrieb mit ‚Investitionsstau‘ (höflich ausgedrückt…) im Anbaugebiet Valul lui Traian im Südwesten der Republik Moldau erworben. Das Anbaugebiet liegt zum Teil in der autonomen Republik Gagausien, die jedoch anders als das eher abtrünnige pro-russische Transnistrien als republiktreu gilt. Gagausien, gesprochen Gaga-Usien, mit Betonung auf dem ‚U‘ – knapp 160.000 Menschen wohnen hier im Süden der Republik, mit der Grenze zur Ukraine im Osten und zu Rumänien im Westen. Es ist ein buntes Völkergemisch aus Gagausen, Moldauern, Russen, Ukrainern und Bulgaren. Es gibt europäische Einflüsse, russische Einflüsse aber auch eine enge Bindung an die Türkei. So wird neben Gagauisch (eine Turksprache) auch viel Russisch gesprochen. Dennoch wäre es vermessen, die Region (ganz anders als Transnistrien) ‚pro-russisch‘ zu beschreiben.
Die NOVAK Vinery befindet sich jedoch etwas weiter westlich dieses Autonomiegebiet im Ort Tartaul, der keine 1000 Einwohner zählt. Bis zur ukrainischen Westgrenze sind es von NOVAK aus gerade einmal 50km Luftlinie, Rumänien ist nur knapp 25km entfernt. Allerdings sind dies ‚theoretische‘ Werte, aufgrund der Infrastruktur (Strassen, Grenzübergänge) können aus ‚Luftlinien‘ mal ganz schnell drei- bis vierfache so lange Wegstrecken werden. Nicht zu vergessen: Rumänien ist eine östliche EU-Aussengrenze, also nix mit vereinfachter Ein- und Ausreise, kurze Wege, kleiner Grenzverkehr oder so!

Floricica ist auch wieder so eine Sorte, die Andrei fördern und promoten möchte. Sie erinnert sowohl an Gewürztraminer wie auch an Sauvignon Blanc.
Und natürlich sind auch die ganzen ‚Feteasca‘, also die ‚Mädchentraube‘ mit am Start. In den bekannten Varianten ‚Alba‘ (weiss), ‚Regala‘ (königlich) und Rara und auch Neagra. Und wer Saperavi (Wurzeln im Kaukasus) vermisst: hat Andrei natürlich auch im Portfolio.

Der Ausblick:

Andrei ist nicht zu bremsen. Er trüffelt nach alten Sorten und tüftelt in der Vinifizierung. Ausbau als ‚Orange‘ oder im 500l Tonneaux – immer wieder sucht der Winzer nach neuen Ausbaumethoden für diese ureigenen Sorten. Betrachte ich mir die problematische wirtschaftliche Situation in Moldau und auch die menschenverlassenen Gegenden, bewundere ich seine Mut mit einer derartigen Energie zu investieren. Das Branding ist topp, die Weine heimsen weltweit eine Auszeichnung nach der anderen ein. Verkauft wird nach China, nach Europa, Kanada und Brasilien.

Die Weine in der Verkostung:

#1 Feteasca Albă Vin Sec Alb 2020 10,5% vol. (+/- € 12,00)

‚Feteasca‘ ist der generelle Bergriff für ‚Mädchentraube‚, die es als Weiss (Alba), Rot (Neagra), Rot und Königlich (Regala) gibt. Angebaut wird diese Sorte vornehmlich in Moldawien und im benachbarten Rumänien sowie ganz vereinzelt in der Ukraine. Sehr floral, eher leicht, muss aufpassen dass sie nicht zu parfümiert rüber kommt.

(In kursiv meine subjektiven Verkostungsnotizen. Soweit möglich, wurden die Weine 18h Stunden später nach verkostet)

feine Minze, knackigeSäure, stoffig, wirkt nicht wie 10,5 % vol. Guter Zug am Gaumen, recht speziell und ungewohnt.

+1 Tag: Mandarine, Zitrus, leichte Seife, Pyrazin, Säure. Hat sich geöffnet, wird schmelziger, Bitterstoffe & Säure besser integriert

#2 Floricica Vin Sec Alb 12% vol. (+/- € 12,00)

Eine Kreuzung aus Riesling (Rheinriesling) und Dattier de St. Vallier. Es sind in Moldawien aktuell um die 20ha mit dieser Rebsorte bestockt.

feine Sauv. Blanc Nase, gelbe Frucht (Ananas?), schöner Schmelz, feine Säure, schöner Bitterstoff, gute Länge

+1 Tag: Sauv. Blanc, Ananas, knackige Bitterstoffe, hat Tannin, feineSäure, puristisch, endet etwas  bitter

#3 Alb de Onițcani Vin Sec Alb 2021 13% vol. (+/- € 12,00)

Die Rebsorte wurde 1960 in Moldawien gezüchtet ab 1976 im Versuchsanbau getestet. Die Rebsorte sollte vornehmlich für die Herstellung von den in der UdSSR beliebten Destillaten dienen. 2008 wollte Andrej eigentlich grossflächig mit Chardonnay und Aligoté neu pflanzen, jedoch war nach der Bestockung noch 7 Hektar Rebfläche frei. Andrej suchte daher nach Alternativen… U.a. konnte in alten Weingärten die fast vergessene Rebsorte Alb de Onițcani identifiziert werden. Die Rebsorte war früher aufgrund der tendenziell höheren Säure (vgl. Riesling) eher ‚ungeliebt‘, entpuppt sich aber in Zeiten der Klimaerwärmung als ein ‚game changer‘. Möglicherweise gibt es noch einige Rebstöcke in der Ukraine bzw. in Russland, wo die Rebsorte als ‚Onitskanskii Belyi‘ bekannt ist. Sensorisch erinnert die Rebsorte entfernt an Sauvignon Blanc bzw. Scheurebe. Novak ist aktuell das einzig mir bekannte Weingut, welches die Rebsorte reinsortig vinifiziert und abfüllt. Weitere Betriebe zeigen aufgrund der positiven Aspekte der Rebsorte im Kontext der Klimaerwärmung großes Interesse. Bestockt sind in Moldau knapp 250 Hektar.

Pfirsich, Quitte, feiner, körniger Bitterstoff, tolle Säure, schöner Schmelz. Alkohol spürbar; schönes bitteres finish

+1 Tag: Quitte, Boskoop, etwas Stangensellerie, Mandarine, Quittenpüree im Mund, etwas Cassis, hat Extrakt und Würze. Schmelz puffert Bitterstoffe sehr schön. Hat entfernt etwas von Scheurebe.

#4 Floricica & Alb de Onițcani Vin Sec Alb 2021 14% vol. € (+/- € 19,00)

feine Minze, Säure, Bitterstoffe, etwas unharmonisch, Resorten finden nicht zueinander. Leichte Schärfe. Müsste evt. im Holz ausgebaut werden?

+1 Tag: SB-Nase. leichter Schwefel, hat Schärfe, Bitterstoffe, wuchtig, dabei aber nicht elegant. Etwas zu brandig im Abgang.

#5 Alb de Onițcani & Rcațiteli Vin Sec Alb Limited Edition 2019 €  (+/- € 14,00)

Alb de Onițcani 60% | Rcațiteli 40%; 6 Monate in französischen Barriques

Rcațiteli oder Rkaziteli ist eine antike georgische Rebsorte aus dem Kaukasus. Funde belegen, dass diese Rebsorte schon vor über 5000 Jahren angebaut wurde. Zur Zeiten der Sowjetunion war es die meist angebaute weisse Reborte. Unter Gorbatschow wurde in den Jahren 1985-1981 eine Anti-Alkoholkampagne gestartet, bei der auch ca. 140.000 Hektar Rebfläche in Moldawien und in der Ukraine gerodet werden mussten. Angeblich wurden in Moldau im Jahre 2016 lediglich noch knapp 2500 Hektar mit der Rebsorte kultiviert. Aktuell ist mir aber nur Andrej Novak bekannt, der diese Sorte wieder ‚entdeckt‘. In Georgien wurde/ wird diese Rebsorte eher oxidativ und damit ’schwer‘ oder ölig ausgebaut. Neuere Vinifizierungstechniken versuchen jedoch einen leichteren, fruchtigen Charakter zu verleihen.

Birnenkompott, feiner Schmelz, etwas Säure, nicht sehr lang, nicht fett.

+1 Tag: Birne, leicht laktisch, aber nicht störend; leicht oxidative Töne, guter Biss, Schmelz, Bitterstoffe, leicht ölig, dabei aber viel Frische. Gute Länge.

#6 Alb de Onițcani ‚Orange‘ Vin Sec Alb 2021 14% vol. (+/- € 15,00)

Dieser Wein wird, vergleichbar einem Rotwein, einer Maischegärung unterzogen. Hierbei werden Stiele, Kerne und Schalen mit vergoren, was Bitterstoffe und Extrakt fördert. Andererseits wird hierdurch die Fruchtigkeit reduziert.

Schönes Birnenkompott, leichter Kupferton in der Farbe, blitzsaubere Farbe, also filtriert. Wirkt recht ausdruckslos und ohne Botschaft.

+1 Tag: blitzsauber, schöne Säure, frischer Apfel. Etwas Minze, etwas Holunder, etwas Ananas; hat sich unfassbar entwickelt, tolle Säure & Frische. Erinnert an Scheurebe aus Franken (Frische & Säure), bringt Speichelfluss, wuchtiger Wein, extrem sauber, elegant und groß. Toll!

#7 Vin Spumant Brut Alb (+/ € 15,00)

Pinot Gris | Pinot Noir | Chardonnay | Rcațiteli

etwas grobe Perlage, viel Schaum, könnte mehr Hefelager (Brotigkeit) vertragen. Sauber und ausgewogen, nicht sehr dicht. Angenehmer Vertreter.

+ 1 Tag: deutlich mehr Hefetöne (Brotkruste), Schaum etwas breiter, nicht mehr so grob. Blitzsauber, das macht Spaß!

#8 Rara Neagrā Vin Sec Roșu 2019 14% vol (+/- € 12,00)

Die Rebsorte wird auch Băbească Neagră genannt, was soviel wie ‚Schwarze Großmutter‘ bedeutet. Angebaut wird diese Sorte im südlichen Moldawien und im benachbarten Galati (Rumänien). Eher fruchtbetonte Weine mit dezenten Gerbstoffen. In Moldau sind knapp 100 ha mit dieser Rebsorte bestockt.

maceration carbonique? Bitterstoffe, Altholznote, das Toasting des Holzes nimmt Frucht, fehlt Fruchtfrische.

+ 1 Tag: leicht kompottig-mostige Nase, Geruch nach grossem Holz, etwas nussig, eher old-fashioned style. Wirkt etwas rustikal, aber mitnichten komplett verkehrt. Braucht nach dem Öffnen auf jeden Fall Luft! Ich vermute mit 30-60 Minuten in der Karaffe macht dieser Wein auf seine ehrliche und rustikale Art richtig Spass!

#9 Feteasca Neagră ‚Limited Edition‘ Vin Sec Roșu 2019 14,5 % vol (+/- € 22,00)

Man vermutet, dass diese Sorte mehr als 2000 Jahre alt ist und ihren Ursprung im Tal des Flusses Prut im südwestlichen Teil der Republik Moldau hat. Es wird angenommen, dass sie direkt aus Wildpflanzen gezüchtet wurde. Moldau verfügt über knapp 240 Hektar, Rumänien über 2900 Hektar Rebfläche. Die Rebsorte ist NICHT – wie lange vermutet – eine Mutation der weissen Feteasca Alba.

Cassis, Tiefe, Kühle in der Nase, feine Extraktsüße, körniges Tannin, leicht brandig.

+ 1 Tag: Johannisbeere, fehlt Eleganz, wuchtig, etwas brandig, fehlt Extrakt zum Puffern

#10 Saperavi & Feteasca Neagră ‚Limit Ed.‘ Vin Sec Roșu 2018 13,5% vol (+/- € 22,00)

Heimat der Saperavi sind die Ausläufer des Kaukasus in Georgien. Die Reborte wird ‚Kleinbeeriger‘ oder auch ‚Färber‘ genannt und ergibt Weine, die nicht nur in der Farbe intensiv sind. Gutes Reifepotential.

tiefe ätherische Frucht, wirkt nicht ganz trocken, mild saftiges Tannin, tolle Eleganz, sauber, international, schöne Würze, endet auf rauchigem Tannin.

+ 1 Tag: Weichselkirsche, tiefe Holzwürze, Schwarzkirsche, etwas Johannisbeere, tolle Säure, tolles Tannin, etwas bitter, wuchtig, originell, es fehlen evt. die letzten 5% Eleganz. Dafür aber Charakter!

#11 „No. 1“ Red Blend LIMIT. ED. Vin Sec Roșu 2018 13,5% vol (+/- € 22,00)

Merlot 35% | Saperavi 30% | Cabernet Sauvignon 20% | Rara Neagră 5%; mind. 6 Monate im franz. Barrique

etwas floraler Merlot-Touch, es fehlt etwas Tiefe, leicht brandig, es fehlt Struktur. Wirkt verschlossen und ohne Botschaft.

(+ 1 Tag: Wein wurde direkt mit dem Mixer belüftet; wurde etwas besser, jedoch zu langweilig)

#12 „No.2“ Red Blend LIMIT. ED. Vin Sec Roșu 2017 14% vol (+/- € 22,00)

Saperavi 50% | Merlot 25% | Cabernet Sauvignon 20% | Feteșca Neagră 5%

etwas Graphit, versteckt Brombeere, Holunder, tolle Länge und Eleganz. Cabernet gibt Rückgrat, Saperavi gibt ganz viel gutes Tannin und Originalität. Ist ein Bordeaux Grand Cru Style mit ‚X-Faktor‘. Hat Biss und Wucht, sehr schöner Wein!

Fazit: anders, ungewohnt, überraschend – aber auf tollem Niveau. Weine, die man nicht vergisst!

Insgesamt gab es nicht einen fehlerhaften oder ‚fiesen‘ Wein. Super spannend wie sich die einzelnen ‚Blends‘, also die Mischungen, vertragen. Alb de Onițcani ist eine tolle Rebsorte, deren Potential wahrscheinlich in Zukunft noch für manch‘ eine Überraschung sorgen wird. Solo prima, mit ein wenig Holzausbau oder gar als Orange-Wine pendeln sich die Weine auf internationale Höhe. Insbesondere für die Maischegärung (Orange) scheint hier die Sorte prädestiniert. Schön, dass es so etwas Spezielles in einer latent uniformen Weinwelt gibt!
Bei den Roten ist Saperavi ein absolutes Ass im Ärmel. Hier sollten die Winzer mutig sein, und Merlot und Cabernet maximal als Assistenten nehmen, der Saperavi muss sensorisch ganz klar die Hosen anhaben!

 

Und trotz der unklaren geopolitischen Sicherheitslage sowie der Bedrohung auch der moldauischen Souveränität durch Russland, ist Andrej in seiner Energie nicht zu stoppen. Aktuell bewirtschaftet die Familie knapp 30 Hektar, die Erträge werden jedoch größtenteils noch als ‚Fasswein‘ offen an Einkäufer verkauft. Andrej hat jedoch ein neues Areal mit einem Gebäude erworben, wo er seinen Traum von einer neuen ‚Vinery‘ realisieren möchte. Das Gebäude ist eher eine Ruine, es sind nur noch die Fragmente von meterdicken Bruchsteinmauern vorhanden. Hier soll jedoch die neue Kellerei inklusive Barriquelager entstehen. Und um die Vermarktung zu stärken soll zugleich ein kleines Hotel sowie ein Restaurant angegliedert werde. Andrej’s großer Traum ist perspektivisch 150-200 Tsd. Flaschen unter dem Namen NOVAK zu füllen und selbst zu vermarkten! Im Portfolio sind aktuell knapp 25 Weine, von Basis bis Premium, von ’single varieties‘ bis hin zu Blends. Und da Andrej immer weiter tüftelt, neue Sorten pflanzt oder alte Sorten wieder entdeckt wird de Weinliste eher noch größer denn kleiner werden. Die ersten Weine wurden erst mit dem Jahrgang 2016 produziert – und bereits 5 Jahre später, im Jahr 2021 heimst NOVAK 52 internationale Auszeichnungen für seine Weine ein. Wie war das noch mit ‚Volldampf‘ und Energiebündel…

Die Anbauzone Valul lui Traian

Dieser südwestliche Teil der Republik Moldau ist sehr landwirtschaftlich geprägt. Man könnte sagen: es gibt Landwirtschaft, Landwirtschaft, Landwirtschaft – und dann gibt es noch Weinbau. Wobei auch hier 43000 Hektar Rebfläche eine Kleinigkeit sind (zur Einordnung: die gesamte deutsche Anbaufläche beträgt etwas über 103000 Hektar). Charakteristisch ist auch hier wieder die typisch schwarze Erde der Bessarabischen Steppe. Wir finden aber auch SAndsteinböden mit roter Einfärbung, ein Hinweis auf den Eisengehalt der Böden.  Das Klima ist aus westlicher Richtung kontinental geprägt, zusätzlich natürlich aus südlicher Richtung durch Strömungen vom Schwarzen Meer. Unter allen 3 IGP-Gebieten von Moldau ist Valul lui Traian mit einer Jahresdurchnschnittstemperatur von 10° Cel. die wärmste Region. Regen fällt nicht wirklich viel, ca. 500mm im Jahr. Tendenziell ist das Gebiet mit 60% roter Trauben eher auf Rotwein ausgerichtet, bei NOVAK hingegen spielen die Weissweine eine sehr bedeutenden Rolle

 Ein Herz für autochthone Rebsorten!

OK – Andrei ist mit Chardonnay bei den weissen Sorten auch international aufgestellt. Dann wird es bei ihm aber auch ganz schnell heimisch bzw. autochthon. Alb de Onitcani ist so eine spezielle Sorte, 1960 aus einer antiken Sorte aus Dagestan und einem Elternteil aus der Burgunder-Familie. Aktuell sind in Moldau damit lediglich noch 240 Hektar bestockt, Tendenz aufgrund der klimatischen Veränderung: steigend.

Rkazitelli ist auch so ein Unikum, welches über 5000 Jahre alt ist (historische Funde im Kaukasus). Lange Zeit wurde die Rebsorte in vielen ehemaligen Teilrepubliken der UdSSR angebaut. Eine weisse Sorte, die gut oxidativ ausgebaut werden kann.

Floricica ist auch wieder so eine Sorte, die Andrei fördern und promoten möchte. Sie erinnert sowohl an Gewürztraminer wie auch an Sauvignon Blanc.
Und natürlich sind auch die ganzen ‚Feteasca‘, also die ‚Mädchentraube‘ mit am Start. In den bekannten Varianten ‚Alba‘ (weiss), ‚Regala‘ (königlich) und Rara und auch Neagra. Und wer Saperavi (Wurzeln im Kaukasus) vermisst: hat Andrei natürlich auch im Portfolio.

Der Ausblick:

Andrei ist nicht zu bremsen. Er trüffelt nach alten Sorten und tüftelt in der Vinifizierung. Ausbau als ‚Orange‘ oder im 500l Tonneaux – immer wieder sucht der Winzer nach neuen Ausbaumethoden für diese ureigenen Sorten. Betrachte ich mir die problematische wirtschaftliche Situation in Moldau und auch die menschenverlassenen Gegenden, bewundere ich seine Mut mit einer derartigen Energie zu investieren. Das Branding ist topp, die Weine heimsen weltweit eine Auszeichnung nach der anderen ein. Verkauft wird nach China, nach Europa, Kanada und Brasilien.

Die Weine in der Verkostung:

#1 Feteasca Albă Vin Sec Alb 2020 10,5% vol. (+/- € 12,00)

‚Feteasca‘ ist der generelle Bergriff für ‚Mädchentraube‚, die es als Weiss (Alba), Rot (Neagra), Rot und Königlich (Regala) gibt. Angebaut wird diese Sorte vornehmlich in Moldawien und im benachbarten Rumänien sowie ganz vereinzelt in der Ukraine. Sehr floral, eher leicht, muss aufpassen dass sie nicht zu parfümiert rüber kommt.

(In kursiv meine subjektiven Verkostungsnotizen. Soweit möglich, wurden die Weine 18h Stunden später nach verkostet)

feine Minze, knackigeSäure, stoffig, wirkt nicht wie 10,5 % vol. Guter Zug am Gaumen, recht speziell und ungewohnt.

+1 Tag: Mandarine, Zitrus, leichte Seife, Pyrazin, Säure. Hat sich geöffnet, wird schmelziger, Bitterstoffe & Säure besser integriert

#2 Floricica Vin Sec Alb 12% vol. (+/- € 12,00)

Eine Kreuzung aus Riesling (Rheinriesling) und Dattier de St. Vallier. Es sind in Moldawien aktuell um die 20ha mit dieser Rebsorte bestockt.

feine Sauv. Blanc Nase, gelbe Frucht (Ananas?), schöner Schmelz, feine Säure, schöner Bitterstoff, gute Länge

+1 Tag: Sauv. Blanc, Ananas, knackige Bitterstoffe, hat Tannin, feineSäure, puristisch, endet etwas  bitter

#3 Alb de Onițcani Vin Sec Alb 2021 13% vol. (+/- € 12,00)

Die Rebsorte wurde 1960 in Moldawien gezüchtet ab 1976 im Versuchsanbau getestet. Die Rebsorte sollte vornehmlich für die Herstellung von den in der UdSSR beliebten Destillaten dienen. 2008 wollte Andrej eigentlich grossflächig mit Chardonnay und Aligoté neu pflanzen, jedoch war nach der Bestockung noch 7 Hektar Rebfläche frei. Andrej suchte daher nach Alternativen… U.a. konnte in alten Weingärten die fast vergessene Rebsorte Alb de Onițcani identifiziert werden. Die Rebsorte war früher aufgrund der tendenziell höheren Säure (vgl. Riesling) eher ‚ungeliebt‘, entpuppt sich aber in Zeiten der Klimaerwärmung als ein ‚game changer‘. Möglicherweise gibt es noch einige Rebstöcke in der Ukraine bzw. in Russland, wo die Rebsorte als ‚Onitskanskii Belyi‘ bekannt ist. Sensorisch erinnert die Rebsorte entfernt an Sauvignon Blanc bzw. Scheurebe. Novak ist aktuell das einzig mir bekannte Weingut, welches die Rebsorte reinsortig vinifiziert und abfüllt. Weitere Betriebe zeigen aufgrund der positiven Aspekte der Rebsorte im Kontext der Klimaerwärmung großes Interesse. Bestockt sind in Moldau knapp 250 Hektar.

Pfirsich, Quitte, feiner, körniger Bitterstoff, tolle Säure, schöner Schmelz. Alkohol spürbar; schönes bitteres finish

+1 Tag: Quitte, Boskoop, etwas Stangensellerie, Mandarine, Quittenpüree im Mund, etwas Cassis, hat Extrakt und Würze. Schmelz puffert Bitterstoffe sehr schön. Hat entfernt etwas von Scheurebe.

#4 Floricica & Alb de Onițcani Vin Sec Alb 2021 14% vol. € (+/- € 19,00)

feine Minze, Säure, Bitterstoffe, etwas unharmonisch, Resorten finden nicht zueinander. Leichte Schärfe. Müsste evt. im Holz ausgebaut werden?

+1 Tag: SB-Nase. leichter Schwefel, hat Schärfe, Bitterstoffe, wuchtig, dabei aber nicht elegant. Etwas zu brandig im Abgang.

#5 Alb de Onițcani & Rcațiteli Vin Sec Alb Limited Edition 2019 €  (+/- € 14,00)

Alb de Onițcani 60% | Rcațiteli 40%; 6 Monate in französischen Barriques

Rcațiteli oder Rkaziteli ist eine antike georgische Rebsorte aus dem Kaukasus. Funde belegen, dass diese Rebsorte schon vor über 5000 Jahren angebaut wurde. Zur Zeiten der Sowjetunion war es die meist angebaute weisse Reborte. Unter Gorbatschow wurde in den Jahren 1985-1981 eine Anti-Alkoholkampagne gestartet, bei der auch ca. 140.000 Hektar Rebfläche in Moldawien und in der Ukraine gerodet werden mussten. Angeblich wurden in Moldau im Jahre 2016 lediglich noch knapp 2500 Hektar mit der Rebsorte kultiviert. Aktuell ist mir aber nur Andrej Novak bekannt, der diese Sorte wieder ‚entdeckt‘. In Georgien wurde/ wird diese Rebsorte eher oxidativ und damit ’schwer‘ oder ölig ausgebaut. Neuere Vinifizierungstechniken versuchen jedoch einen leichteren, fruchtigen Charakter zu verleihen.

Birnenkompott, feiner Schmelz, etwas Säure, nicht sehr lang, nicht fett.

+1 Tag: Birne, leicht laktisch, aber nicht störend; leicht oxidative Töne, guter Biss, Schmelz, Bitterstoffe, leicht ölig, dabei aber viel Frische. Gute Länge.

#6 Alb de Onițcani ‚Orange‘ Vin Sec Alb 2021 14% vol. (+/- € 15,00)

Dieser Wein wird, vergleichbar einem Rotwein, einer Maischegärung unterzogen. Hierbei werden Stiele, Kerne und Schalen mit vergoren, was Bitterstoffe und Extrakt fördert. Andererseits wird hierdurch die Fruchtigkeit reduziert.

Schönes Birnenkompott, leichter Kupferton in der Farbe, blitzsaubere Farbe, also filtriert. Wirkt recht ausdruckslos und ohne Botschaft.

+1 Tag: blitzsauber, schöne Säure, frischer Apfel. Etwas Minze, etwas Holunder, etwas Ananas; hat sich unfassbar entwickelt, tolle Säure & Frische. Erinnert an Scheurebe aus Franken (Frische & Säure), bringt Speichelfluss, wuchtiger Wein, extrem sauber, elegant und groß. Toll!

#7 Vin Spumant Brut Alb (+/ € 15,00)

Pinot Gris | Pinot Noir | Chardonnay | Rcațiteli

etwas grobe Perlage, viel Schaum, könnte mehr Hefelager (Brotigkeit) vertragen. Sauber und ausgewogen, nicht sehr dicht. Angenehmer Vertreter.

+ 1 Tag: deutlich mehr Hefetöne (Brotkruste), Schaum etwas breiter, nicht mehr so grob. Blitzsauber, das macht Spaß!

#8 Rara Neagrā Vin Sec Roșu 2019 14% vol (+/- € 12,00)

Die Rebsorte wird auch Băbească Neagră genannt, was soviel wie ‚Schwarze Großmutter‘ bedeutet. Angebaut wird diese Sorte im südlichen Moldawien und im benachbarten Galati (Rumänien). Eher fruchtbetonte Weine mit dezenten Gerbstoffen. In Moldau sind knapp 100 ha mit dieser Rebsorte bestockt.

maceration carbonique? Bitterstoffe, Altholznote, das Toasting des Holzes nimmt Frucht, fehlt Fruchtfrische.

+ 1 Tag: leicht kompottig-mostige Nase, Geruch nach grossem Holz, etwas nussig, eher old-fashioned style. Wirkt etwas rustikal, aber mitnichten komplett verkehrt. Braucht nach dem Öffnen auf jeden Fall Luft! Ich vermute mit 30-60 Minuten in der Karaffe macht dieser Wein auf seine ehrliche und rustikale Art richtig Spass!

#9 Feteasca Neagră ‚Limited Edition‘ Vin Sec Roșu 2019 14,5 % vol (+/- € 22,00)

Man vermutet, dass diese Sorte mehr als 2000 Jahre alt ist und ihren Ursprung im Tal des Flusses Prut im südwestlichen Teil der Republik Moldau hat. Es wird angenommen, dass sie direkt aus Wildpflanzen gezüchtet wurde. Moldau verfügt über knapp 240 Hektar, Rumänien über 2900 Hektar Rebfläche. Die Rebsorte ist NICHT – wie lange vermutet – eine Mutation der weissen Feteasca Alba.

Cassis, Tiefe, Kühle in der Nase, feine Extraktsüße, körniges Tannin, leicht brandig.

+ 1 Tag: Johannisbeere, fehlt Eleganz, wuchtig, etwas brandig, fehlt Extrakt zum Puffern

#10 Saperavi & Feteasca Neagră ‚Limit Ed.‘ Vin Sec Roșu 2018 13,5% vol (+/- € 22,00)

Heimat der Saperavi sind die Ausläufer des Kaukasus in Georgien. Die Reborte wird ‚Kleinbeeriger‘ oder auch ‚Färber‘ genannt und ergibt Weine, die nicht nur in der Farbe intensiv sind. Gutes Reifepotential.

tiefe ätherische Frucht, wirkt nicht ganz trocken, mild saftiges Tannin, tolle Eleganz, sauber, international, schöne Würze, endet auf rauchigem Tannin.

+ 1 Tag: Weichselkirsche, tiefe Holzwürze, Schwarzkirsche, etwas Johannisbeere, tolle Säure, tolles Tannin, etwas bitter, wuchtig, originell, es fehlen evt. die letzten 5% Eleganz. Dafür aber Charakter!

#11 „No. 1“ Red Blend LIMIT. ED. Vin Sec Roșu 2018 13,5% vol (+/- € 22,00)

Merlot 35% | Saperavi 30% | Cabernet Sauvignon 20% | Rara Neagră 5%; mind. 6 Monate im franz. Barrique

etwas floraler Merlot-Touch, es fehlt etwas Tiefe, leicht brandig, es fehlt Struktur. Wirkt verschlossen und ohne Botschaft.

(+ 1 Tag: Wein wurde direkt mit dem Mixer belüftet; wurde etwas besser, jedoch zu langweilig)

#12 „No.2“ Red Blend LIMIT. ED. Vin Sec Roșu 2017 14% vol (+/- € 22,00)

Saperavi 50% | Merlot 25% | Cabernet Sauvignon 20% | Feteșca Neagră 5%

etwas Graphit, versteckt Brombeere, Holunder, tolle Länge und Eleganz. Cabernet gibt Rückgrat, Saperavi gibt ganz viel gutes Tannin und Originalität. Ist ein Bordeaux Grand Cru Style mit ‚X-Faktor‘. Hat Biss und Wucht, sehr schöner Wein!

Fazit: anders, ungewohnt, überraschend – aber auf tollem Niveau. Weine, die man nicht vergisst!

Insgesamt gab es nicht einen fehlerhaften oder ‚fiesen‘ Wein. Super spannend wie sich die einzelnen ‚Blends‘, also die Mischungen, vertragen. Alb de Onițcani ist eine tolle Rebsorte, deren Potential wahrscheinlich in Zukunft noch für manch‘ eine Überraschung sorgen wird. Solo prima, mit ein wenig Holzausbau oder gar als Orange-Wine pendeln sich die Weine auf internationale Höhe. Insbesondere für die Maischegärung (Orange) scheint hier die Sorte prädestiniert. Schön, dass es so etwas Spezielles in einer latent uniformen Weinwelt gibt!
Bei den Roten ist Saperavi ein absolutes Ass im Ärmel. Hier sollten die Winzer mutig sein, und Merlot und Cabernet maximal als Assistenten nehmen, der Saperavi muss sensorisch ganz klar die Hosen anhaben!

 

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