Gutedel? Chasselas?
Wieder so eine Rebsorte, die neben dem Müller-Thurgau eine längst überflüssige Renaissance erfährt. Zugegeben: Müller Thurgau hat allein aufgrund seiner weiten Verbreitung ein ungleich grösseres Potential für die öffentliche Wahrnehmung als der ‚Gutedel‘. Die Herkunft dieser historischen Sorte ist -wie so häufig in der Weingeschichte- nicht endgültig geklärt. Der ‚Chasselas‘ in der Mitte des Bildes gibt bereits einen möglichen Hinweis: in der Schweiz wird Gutedel ‚Chasselas‘ genannt, vermutet man doch eine Herkunft aus der gleichnamigen französischen Gemeinde im Burgund. Leider findet man die Rebsorte fast nur noch im schweizerischen Wallis sowie in Baden im Marktgräflerland.
Die Haltinger Winzer habe ich auf der Prowein 2024 kennen gelernt. 60 Genossen, 50 Hektar. Das muss man mal umrechnen: rein rechnerisch bewirtschaftet jedes Mitglied nur unter 10.000 Quadratmeter Rebfläche, also weniger als 1 Hektar. Verrückt.
Unweit der Schweizer Grenze und des Vitra-Museum bzw. des Vitra Design-House gelegen, verfügt die Genossenschaft mit der ‚Haltinger Stiege‘ und dem ‚Weiler Schlipf‘ über absolute Topp-Lagen. Der ‚Weiler Schlipf‘ ist die südlichste deutsche Weinlage und befindet sich unmittelbar an der Schweizer Grenze. Die Lage ist südwestlich ausgerichtet, eher steil und verfügt über Kalkstein, Ton und Eisen als Bodenstruktur. Die ‚Haltinger Stiege‘ hingegen eher flacher, hat Lössboden und der Kalkanteil ist eher Kalkmergel, also zersetzter Kalkstein. Das man die Lagen separat vinifiziert, macht definitiv Sinn: sensorisch sind die Weine komplett unterschiedlich. Der ‚Chasselas‘ hingegen hat einen dezenten Ausbau im Holzfass, welcher dem Wein eine unfassbare Eleganz verleiht. Neugierig? Unbedingt auf die watch-list setzen! Gutedel ist garantiert KEIN Grauburgunder – und genau das macht ihn so unverzichtbar!
Mehr als nur Gutedel
Das Sortiment der Haltinger Winzer eG besteht nicht nur aus Gutedel. Es scheint so, als kennen Geschäftsführer Michael Heintz und Kellermeister Ingo Ehret kein Halten. Das Sortiment erschlägt fast mit seiner Breite. Noch schlimmer: die Weine sind nahezu alle gut bis exzellent, es gibt dort nur wenig, womit ich nicht komplett happy war. Die Spätburgunder wunderbar sortentypisch, der Basis-Wein aus der ‚Weiler Schlipf‘ leicht gekühlt auch herrlich sommertauglich. Wer noch nie einen trockenen (!!) Sekt aus Gewürztraminer mit 4 Jahre Hefelager (!!) getrunken hat: unbedingt probieren. Und auch im restsüßen Bereich sind hier Weine zum Niederknien zu finden: die Muskateller Beerenauslese erinnert mich an die schönsten Dessertweine Siziliens.
Wichtig: die Weine sind eher reduktiv ausgebaut, was die Weine nahezu ‚unkaputtbar‘ macht. Der kleine Nachteil: die Weine brauchen im Glas etwas Luft um unter Sauerstoffzufuhr ihre Frucht und Würze zu entwickeln. Mit anderen Worten: der Geduldige wird belohnt. Auf der anderen Seite habe ich bisher bei den Weinen auch nach dem 4. oder 5. Tag geöffnet in der Flasche keinerlei Qualitätseinbuße fest gestellt
Aktuell haben wir folgende Weine im Sortiment:
- ‚Weiler Schlipf‘ Gutedel Baden QbA 2022
- ‚Haltinger Stiege Gutedel Baden QbA 2022
- Chasselas Baden QbA 2022 (mit Ausbau im Holzfass)
- Weissburgunder & Chardonnay Baden QbA 2022
- Muskateller Baden QbA 2021
- Pinot Noir Blancs de Noirs Baden QbA
- ‚Weiler Schlipf‘ Spätburgunder Baden QbA 2019
- Spätburgunder ‚Reserve‘ Baden QbA 2019
- Baden Crémant Sekt b.A. Brut
- ECO Perlend Sekt b.A. Brut (Sekt aus Trauben aus biologischem Anbau/ ECOVIN)
- Gewürztraminer Sekt b.A. Brut
- Muskateller Beerenauslese 2018 (375ml)