…und all‘ das quasi direkt vor unserer Haustüre!
Aber der Reihe nach: wir befinden uns am nördlichen Ende des Weinanbaugebietes ‚Mitelrhein‘. Dieser nördliche Teil liegt bereits im Bundesland Nordrhein-Westfalen. Somit gilt hier bereits die WeinR-DVO NRW, also die ‚Weinrechtsdurchführungsverordnung des Landes NRW‘. Bedenkt man, dass das Anbaugebiet insgesamt knapp 30 Hektar groß bzw. klein ist, dann ist alleine das Wort schon mächtig lang für so ein kleines Gebiet.
In dieser Verordnung sind 22 Paragrafen genannt, die sich im tiefsten Behördendeutsch um vieles kümmern müssen: von Hektarhöchsterträgen über die Mindestalkohole, die Buchführungspflicht bis hin zu den zugelassenen Rebsorten wird allerhand geregelt. Apropos Rebsorten: 46 Rebsorten sind hier am NRW-Rhein zugelassen. Darunter auch so sorgsam unbekannte Rebsorten wie ‚Perle‘ oder aber auch ‚Kanzler‘. Der ‚Kanzler‘ (eine Kreuzung aus Müller Thurgau und Grüner Sylvaner) wird aktuell nicht mehr angepflanzt, war aber sicherlich eine Hommage an Konrad Adenauer, der unweit der Rhöndorfer Weinberge sein Domizil hatte. Ob mit ‚Perle‘ dann gleich seine Haushälterin ein Ehrenmal bekommen sollte? Sei’s drum: beide Sorten werden heute weder am Drachenfels noch in den Weinbergen von Ober- oder Niederdollendorf angebaut. Zero. Null. Gar nix.
Hingegen wird eine recht exotische Rebsorte angebaut: die aus Österreich stammende Rebsorte Grüner Veltliner. Und das sogar mit dem Segen der Behörden in NRW! Wie es dazu kam? Keine Ahnung. Meine fantasievolle Vermutung geht dahin, dass möglicherweise zu Zeiten der Bonner Republik der Kanzler oder Botschafter der Republik Österreich mit Konrad Adenauer ordentlich Einen gezischt hat, nach der 8. Flasche Riesling Sodbrennen bekam und Adenauer wahrscheinlich noch in selbiger Zechnacht auf einem Bierdeckel der Sorte ‚Grüner Veltliner‘ die Zulassung erteilt hat. Anmerkung: hätte besser auch mal der französische Botschafter oder gar Monsieur Le President mit Adenauer Einen gebechert – dann müsste sich Winzer Felix Pieper heute keinen Kopf darüber machen, warum er auf den bestens geeigneten Vulkanböden des Drachenfelses keinen Sauvignon Blanc anpflanzen darf. Dafür muss er extra nach Rheinland-Pfalz fahren und einen Wingert in Leutesdorf bewirtschaften. Hingegen ‚Grüner Veltliner‘, der darf auf den Trachytböden unterhalb des Drachenfels angebaut werden. Und dort fühlt er sich auch richtig pudelwohl: rassige, knackige Frische, Zitrusaromen und Johannisbeere, hinzu diese absolut sortentypische Noten von ‚weissem Pfeffer‘.
Übrigens – wer wissen möchte was ‚Trachyt‘ ist: Ruft einfach kurz den Kölner Dom in eure Erinnerung. Der ist nämlich aus diesem Vulkangestein gebaut. Und wäre er nicht gebaut worden, dann wäre der Stein nicht am Drachenfels abgebaut worden, somit wäre der Fels noch da, dafür aber keine Weinberge. Und somit auch kein Grüner Veltliner, obwohl er ja eigentlich zugelassen wäre, wegen dem Sodbrennen bei Adenauer im Garten im Frankenweg in Bad Honnef… Was für eine verrückte Geschichte!
Nachtrag: weder der französische Botschafter, noch der Attaché, ganz zu schweigen einer der ehemaligen französischen Staatspräsidenten haben es jemals geschafft, Adenauer im Petanque oder Boule-Spiel zu besiegen. Als Zeichen der Grosszügigkeit durften sie jedoch einige Chardonnay-Reben in den Trachyt des Drachenfelses rammen. Und somit wächst seit ca. 15 Jahren eigentlich illegal in den Weinbergen der Familie Pieper ein mehrfach ausgezeichnetes Prachtexemplar, das auch aus dem französischen Burgund stammen könnte.
In diesem Sinne – Vive la Weinrechtsdurchführungsverordnung – WeinR-DVO NRW!