Umwege im Leben führen häufig zu grandiosen Überraschungen. Im konkreten Falle begründete sich der Umweg zunächst mit Verlust & Schmerz. Verlust, weil Martin Berdugo seinen Ribera del Duero Rosado aus dem Eichenfass nicht mehr in der Stilistik produziert, die uns alle hysterisch hat werden lassen. Schmerz, weil der Verlust nicht zu kompensieren schien.
Der Umweg führte dann dazu, dass man denkt ‚verflixt, jetzt nimmst du das Heft selber in die Hand‘. Mein Freund Philipp Müller / gutvonbeiden kannte meine Leidensgeschichte, zu oft hatte ich ihm unter extremem Speichelfluss haargenau beschrieben wie dieser oxidativ ausgebaute Spanier ‚rüber kam‘ und dass mich Alle für bescheuert halten. Ein Rosé ‚Fumé‘, tiefdunkel, kräftig ohne Ende, spontan im Barrique vergoren….
2018 hatte Philipp dann wahnsinnig gutes Lesegut in der Topp-Lage Appenhofener Steingebiss. Und es waren zwei mehrjährige Barriques ‚zufällig‘ leer im Keller. Irgendwann bekam ich lapidar mitgeteilt ‚ich hab da auch ‚Fumé‘ im Barrique‘. Dann wurde das Thema mehr-oder-weniger im Alltagsstress vergessen. Der Spätburgunder plus ein wenig Cabernet Sauvignon konnte jetzt machen was er wollte. Und zum Glück wollte er! Spontan vergoren, überhaupt nicht eingegriffen, Ruhe bewahrt. Und nun ist er da, dieser Wein, der -genau wie der Berdugo ‚Ribera del Duero‘- in kein gängiges Schema passt. Theoretisch ein Rosé, theoretisch ein leichter Rotwein? Ich würde hier eher eine 3. oder 4. Kategorie öffnen, um diesem Wein weiterhin die Freiheit zu lassen, die er bereits im Weinkeller hatte.
Viel Himbeere, in der Nase Vanille & Holzwürze, dann Honigmelone, etwas Banane. Schön, dass bei dieser geballten Ladung Frucht in der Nase immer die Holzwürze flankiert. Im Mund zunächst Fruchtsüße. Achtung: den ‚Wein‘ bitte nicht zu kalt servieren. Bitte auf keinen Fall an ‚6° Celsius Terrassen-Rosé‘ denken! Eiswürfel überhaupt nicht ansatzweise in Erwägung ziehen!
Ab 12°, eher 14° kommt die Würze ungleich besser um die Fruchtnoten zu puffern. Saftigkeit, Salzigkeit, feine Holzwürze – die Geschmacksknospen haben im Mund Einiges zu tun! Feine, rauchige Länge, immer flankiert von roten Früchten. Bämmm! Das ist er, der Ersatz für den Berdugo!! Wunderbar oxidativ ausgebaut, der Wein geht auch nach 5 Tagen in der angebrochenen Flasche nicht in die Knie. Wahrscheinlich noch viel zu jung, aber was soll’s – das Zeug hat einfach Kultpotential.
Gut von Beiden |’Appenhofener Steingebiss Rosé‘ 2018 (Barrique) – € 10,90/ 750ml