Nun beschäftige ich mich schon seit fast 30 Jahre mit italienischen Weinen – und habe in dieser Zeit sowohl die Höhen wie auch die Tiefen dieses Getränks aus der Provinz Treviso im Nordosten Italiens erlebt. Unvergessen, wenn man in Treviso durch die Strassen schlendert und eigentlich zu jeder Tages- und Nachtzeit einen Prosecco oder einen ‚Spritz‘ schlürft und auf Menschen trifft, die -egal ob arbeitend oder urlaubend- gleiches tun. Und das nicht mit einer Dekadenz eines Champagners, sondern schlichtweg weil’s zur Region gehört. Wie der Risotto. Der Prosciutto aus San Daniele. Der wunderbare Radicchio di Treviso. Es hört sich kitschig an, aber es ist de facto das real existierende Bild von ‚dolce vita‘. (Hinweis: Treviso ist so etwas wie Venedig, nur in schön und ohne Massenandrang…)
Prosecco – mehr als nur ein Pate für den ‚Spritz‘
Prosecco als Bestandteil des beliebten ‚Spritz‘, sei es nun mit Aperol, Campari oder whatever. Soll ich dies nun unter ‚Höhe‘ oder ‚Tiefe‘ des Prosecco einstufen? Man stelle sich vor, ein Champagner würde ‚gestreckt‘ – incroiable!
Als Purist sage ich: guter Prosecco kann solo so sehr begeistern, da braucht’s kein Chi-Chi. Als Anhänger der italienischen Lebensart und -kultur sage ich: „Och ja, warum nicht ?!“
Wer war zuerst da: der Prosecco oder der Spritz?
Ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster: Prosecco wurde bestimmt nicht erfunden, um dem ‚Aperol‘ über den Hügel zu helfen. Und in der Tat: den ersten schäumenden Prosecco gab es mindestens 20 Jahre bevor die Gebrüder Barbieri im benachbarten Padua den ‚Aperol‘ kreiert haben (dazu unten folgend die Historie um die Herren Martinotti und Charmat). Ob der ‚Aperol‘ schon damals so leuchtend Orange war, wie die Arbeitskleidung der Autobahnmeisterei? Ich tippe nein, die Lebensmittelfarben E110 (‚Sunset Yellow FCF‘) und E124 (‚Cochenillerot A‘) waren sicherlich noch nicht erfunden…
Fratelli Barbieri und Frederico Martinotti
Die Gebrüder (‚Fratelli‘) Luigi und Silvano Barbieri erfanden im Jahre 1919 in Padua den ‚Ur-Aperol‘. Erst im Jahre 2003 wurde die Marke ‚Aperol‘ von der Barbieri Group an den Campari-Konzern in Turin verkauft und erreichte durch die Marketing- und Vertriebsmöglichkeiten eines Konzerns wie Campari internationale Verbreitung. Wer-jetzt-wann die Farbe so ‚Warnwesten-mäßig‘ gestaltet hat, soll uns nicht weiter kümmern. Widmen wir uns dem Prosecco und schauen mal genauer hin, was es in diesem Kontext mit Frederico Martinotti so auf sich hat:
Fredrico Martinotti und die Charmat-Methode: Flaschengärung versus Tankgärung
Puuh – jetzt besteht die Gefahr sich diplomatisch auf ganz dünnem Eis zu bewegen. Oder aber auch kompletten Unsinn zu erzählen! Häufig hört man den Satz ‚Martinotti hat die Charmat-Methode erfunden‘. Hierzu muss man wissen: Frederico Martinotti hat die ‚Gärung im Grossraumverfahren‘ (so der offizielle Wortlaut!) im Jahre 1895 an der Universität im piemontesischen Asti erfunden. Der Franzose Jean Eugène Charmat perfektionierte das System, indem er 1907 an der Uni zu Montpellier den Drucktank mit einem zusätzlichen Rührwerk versah. Um keine diplomatischen Krisen zwischen Italien und Frankreich herauf zu beschwören: einigen wir uns an dieser Stelle bitte einfach darauf, dass sowohl Martinotti wie auch Charmat die Herstellung von Schaumweinen geradezu revolutioniert haben!
Worin besteht die Revolution? Vor Martinotti und Charmant war eine Schaumweinherstellung nur in der sogenannten Flaschengärung möglich. Kurz: der fertige Grundwein wird in eine stabile Flasche gefühlt, Zucker und Hefe werden zugesetzt und die Flaschen hermetisch/ druckdicht verschlossen. Bei der nun einsetzenden ‚Kohlensäuregärung‘ entstehen die Bubbles bzw. Kohlensäurebläschen und die sterbende Hefe (Feinhefe) gibt den typisch brotigen Eindruck an den Wein ab. Je nach Herstellung können hier 1 Jahr, 2 Jahre oder auch viel länger ins Land gehen. Danach wird beim sog. Degogieren die restliche Hefe ‚rausgeschossen‘, mit einer sogenannten ‚Dosage‘ die fehlende Menge ergänzt und mit Sektkorken und Drahtgeflecht verschlossen. Fertig ist der Champagner. Oder der Crémant. Oder der Cava. Oder der Franciacorta Spumante.
Viel zu aufwendig…
….dachten sich wahrscheinlich Martinotti und Charmat. Zudem möchten sie den brotigen Hefe-Ton, der so typisch für flaschenvergorene Sekte ist, vermeiden. Also kommt der fertige Wein in einen Tank, der Druck aushalten kann. Und da ein Tank nun mal größer ist als eine Flasche, nannte man das Verfahren auch ‚Gärung im Grossraumverfahren‘. Auch hier wieder das Hinzufügen von Hefe und Zucker. Der große Vorteil: das Verfahren ist schnell, insbesondere mit dem Rührwerk von Jean Eugène Charmat. Bereits nach ca. 4 Monaten ist der Sekt fertig und behält durch die verkürzte Kohlensäuregärung seine wunderbar fruchtigen Aromen. Filtriert wird hier nicht durch ‚Rausschiessen‘ der Hefe, sondern mechanisch, idealerweise unter Gegendruck. Gefüllt wird ebenfalls unter Gegendruck, so dass die feine Perlage und die zarte Frucht erhalten bleibt. Und dann wäre er fertig, der Prosecco Spumante DOC aus der Provinz Treviso, der mit seiner wunderbaren Frische und Schlankheit überzeugt.
Prosecco oder Glera?
Prosecco, Glera – ja was denn nun? Kommen wir jetzt zu den von mir erlebten Tiefen des Prosecco, so ab Mitte der 1990er Jahre bis ca. ins Jahr 2010. Stellen Sie sich der Einfachheit halber vor, der heutige Modewein ‚Lugana‘ vom Gardasee würde aus der Rebsorte Lugana hergestellt. Und diese Rebsorte ist so anspruchslos an ihr Habitat, dass sie vom Gardasee bis nach Apulien angebaut wird. Und inzwischen sogar in Baden. Und in Australien. Und auf jeder Flasche pappt in großen Lettern ‚Lugana‘. Die Qualität ist nachranging, der Name zieht – und es wird eine riesige Menge produziert. Was wiederum den Preis drückt. Und plötzlich steht Lugana statt für € 12,90 für Euro 2,99 prominent im Discounter. Reine Fiktion, nicht möglich sagen Sie? Richtig! Aber nur deswegen, weil die Lugana DOC ein eng begrenztes Herkunftsgebiet am südöstlichen Ausläufer des Gardsees ist, mit strengen Produktionsvorschriften und einer limitierten Menge ist. Also gibt es somit keinen ‚Lugana‘ aus Australien oder Baden. Wenn Sie einen Lugana trinken, sind Sie steif und fest geographisch an den Gardasee genagelt.
Das Problem hingegen beim ‚damaligen‘ Prosecco: Prosecco wurde aus der Rebsorte Prosecco hergestellt. Natürlich war ‚Prosecco‘ historisch einmal eng an die Kernzone rund um die Hügelzone Conegliano und Valdobbiadene geknüpft. Aber die Rebsorte Prosecco durfte auch ausserhalb der Kernzone angebaut werden. Und ausserhalb der Kernzone stand statt Prosecco DOC oder Prosecco DOCG dann Prosecco IGT auf dem Label, was aber den 2,99 Euro Konsumenten nicht interessiert hat bzw. der überwiegende Teil der Konsumenten schlichtweg mit der Komplexität des Weinrechts überfordert ist. In der Folgezeit nahm das Unheil seinen katastrophalen Lauf: es gab Unmengen an Prosecco aus zum Teil nicht geeigneten Lagen – und in der Tat auch Prosecco aus Australien. Teilweise wurde der ‚lose Wein‘ im Tankwagen nach Deutschland gekarrt, dort mit Kohlensäure versetzt (nicht durch Gärung!) und abgefüllt. Um es kurz zu machen: der Namen ‚Prosecco‘ wurde in Grund und Boden geramscht!
Wie überleben?
So hatten sich weder die Italiener noch ich das ‚dolce vita‘ des Prosecco vorgestellt: ein nationales Kulturgut als Billo-Getränk ohne Seele! Che Desastro! Und dabei ist Prosecco so einzigartig. Also mit Prosecco meine ich zunächst die ehemalige Rebsorte Prosecco (jetzt Glera). Was Viele nicht wissen: aus Prosecco (korrekt seit 2009: Glera) wird für den heimischen Markt auch ein ganz normaler stiller, also nicht versekteter Wein produziert. Wunderbar blumig in der Nase nach beginnender Veilchenblüte, dazu diese wunderbar fruchtigen Noten nach frischem Apfel und Birne. Nie super komplex am Gaumen, also kein Chardonnay oder Pinot Bianco, sondern eher fein, dezent, sehr angenehm. Und genau diese feinen Noten bewahrt man, wenn’s keine lange Flaschengärung in der Versektung hat. Deswegen ein ganz, ganz großes Hoch auf die Herren Martinotti und Charmat, die mit der ‚Gärung im Grossraumverfahren‘ ermöglicht haben, die Frische und Fruchtigkeit zu erhalten. Und genau davon lebt er, der Prosecco, also dieser wunderbare Sekt aus der Glera-Traube. Doch wie sollte es gelingen, den Prosecco aus dem Tal der Tränen wieder in ein vernünftiges Licht zu rücken?
Das Jahr 2009 – alles zurück auf Null: aus Prosecco wird Glera
Ich erinnere mich noch ganz genau an die ersten Pressemitteilungen der Konsortium, dass geplant werde, die Rebsorte ‚Prosecco‘ nun in ‚Glera‘ umzubenennen. Ich war zunächst entsetzt: wer bitteschön kommt darauf, eine Rebsorte neu zu benennen? In Glera ?!?!
Lassen Sie es mich abkürzen: sämtliche Skeptiker (somit auch ich) sind verstummt. Der Plan war strategisch durchdacht – und heute, 15 Jahre später ist die Geschichte ‚Prosecco aus der Glera Traube‘ eine Erfolgsgeschichte sondergleichen. Die Erfolgsfaktoren im Einzelnen:
Schutz der Herkunft: Der Hauptgrund für die Umbenennung war der Schutz des Namens ‚Prosecco‘ als Herkunftsbezeichnung. Vor 2009 wurde ‚Prosecco‘ sowohl als Name für den Wein als auch für die Rebsorte verwendet. Dadurch war es schwierig, den Namen rechtlich zu schützen und zu kontrollieren, welche Weine als Prosecco vermarktet werden durften.
Geografische Indikation: Mit der Umbenennung der Rebsorte in ‚Glera‘ wurde ‚Prosecco‘ als geschützte geografische Angabe (g.g.A. oder auf Italienisch IGP) und später als geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U. oder auf Italienisch DOC und DOCG) registriert. Dadurch konnte nur noch Wein, der in bestimmten Regionen Italiens (insbesondere in den Provinzen Treviso, Venedig, Vicenza, Padua, Belluno, Gorizia, Pordenone, Triest und Udine) produziert wird, als ‚Prosecco‘ bezeichnet werden.
Verhinderung von Missbrauch: Durch die Umbenennung der Rebsorte sollte verhindert werden, dass Winzer außerhalb der definierten geografischen Zonen ihre Weine als Prosecco bezeichnen konnten. Dies trug dazu bei, die Qualität und Authentizität des Prosecco-Weins zu bewahren und zu fördern.
Das Jahr 2020 – und wieder irrte der Herr Wirtz
Die Erfolgsgeschichte des Prosecco seit 2009 war für Händler wie für Konsumenten mit einer Lernkurve behaftet. Wichtigste Erkenntnis: die Preise gingen steil nach oben. Zur Entschuldigung muss man jedoch auch anführen: die gräuslichen Qualitäten waren natürlich endlich vom Markt, die Anbaufläche für ‚echten‘ Prosecco wurde aufgrund der geographischen Ursprungsbezeichnung quasi über Nacht dezimiert. Prosecco hatte nun endlich wieder die sensorische Qualität, wie man sie von einem wunderschönen Apero in Treviso Vicenza oder Padua kannte und liebte. Die preisliche Realität heute: unter 10 Euro die Flasche geht bei einem DOC Prosecco nix, für die DOCG Qualitäten gerne nochmals 20-30% höhere Preise.
Und dann ploppte 2020 die Nachricht auf: es gibt nun neben dem historischen weissen Prosecco nun auch eine Variante in Rosé. Mein spontaner Gedanke: jetzt steigt den Italienern aber der Erfolg komplett zu Kopf!
Der Prosecco Rosé wurde offiziell im Jahr 2020 eingeführt. Diese neue Kategorie von Prosecco entstand nach jahrelangen Diskussionen und wurde von den italienischen Behörden und dem Prosecco DOC-Konsortium genehmigt, um der steigenden Nachfrage nach Rosé-Schaumweinen gerecht zu werden. Und ich muss sagen: auch hier wieder Alles richtig gemacht!
Produktionsvorschriften für Prosecco Rosé
Die Herstellung von Prosecco Rosé unterliegt strengen Vorschriften, um die Qualität und Authentizität des Weins zu gewährleisten. Die wichtigsten Produktionsvorschriften umfassen:
- Rebsorten:
- Prosecco Rosé muss zu mindestens 85% aus der Glera-Traube bestehen, die auch für den traditionellen weißen Prosecco verwendet wird.
- Die restlichen 10-15% müssen aus der Pinot Nero (Pinot Noir)-Traube bestehen, die dem Wein seine rosa Farbe verleiht.
- Gärung und Reifung:
- Die zweite Gärung, bei der der Wein seine Kohlensäure erhält, muss im Tank nach der Charmat-Methode (auch bekannt als Martinotti-Methode) erfolgen.
- Prosecco Rosé muss mindestens 60 Tage auf der Hefe reifen. Diese verlängerte Reifezeit trägt zur Komplexität und Struktur des Weins bei.
- Farbe und Aromen:
- Die Farbe des Prosecco Rosé sollte zart rosa sein, was durch die begrenzte Zeit des Kontakts mit den Pinot Nero-Schalen während der Weinbereitung erreicht wird.
- Der Wein sollte frische Aromen von roten Früchten, wie Erdbeeren und Himbeeren, sowie florale Noten aufweisen.
- Zuckergehalt:
- Prosecco Rosé kann in verschiedenen Süßegraden produziert werden, einschließlich Brut Nature, Extra Brut, Brut, Extra Dry und Dry. Die meisten Prosecco Rosé-Weine sind jedoch im Brut-Stil, was bedeutet, dass sie einen geringen Zuckergehalt haben und trocken sind.
- Alkoholgehalt:
- Der Alkoholgehalt des Prosecco Rosé liegt typischerweise zwischen 11% und 12%, ähnlich wie beim traditionellen Prosecco.
- Etikettierung:
- Auf dem Etikett muss klar angegeben sein, dass es sich um einen Prosecco Rosé handelt. Dies hilft den Verbrauchern, den Rosé von anderen Prosecco-Varianten zu unterscheiden.
Darum sind sie so einzigartig, die Prosecco Weiss und in Rosé
Es mag verrückt klingen: aber eigentlich ist die Glera-Traube (ehemals Prosecco) recht limitiert. Sie hat nicht den Bumms eines Chardonnay, nicht die Säure und Frucht eines Rieslings. Es ist eher ihre zärtliche Frucht und die dezente Säure, die sie auszeichnet. Aus dieser Traube lässt sich nun mal keine Struktur eines Champagners vinifizieren und versekten. Und gerade hier kommt die Gärung ‚im Grossraumverfahren‘ ins Spiel, die diese wunderbare Fruchtigkeit bewahrt. Ich kenne keinen weiteren prominenten Schaumwein weltweit, der so produziert wird. Franciacorta, Cava, Crémant, Cape Classic und natürlich Champagner: sie alle sind per ihrer jeweiligen Regularien zur Gärung in der Flasche verpflichtet. Und dies ist dann sensorisch ein komplett anderer Stiefel.
Beim weissen Prosecco rate ich dringend zur Variante ‚Extra Dry‘. Hier ist etwas mehr Restsüße am Start, als bei der Variante ‚Brut‘. Es sind nur wenige Gramm, aber genau diese verhelfen dem Prosecco zu Länge und Struktur. Nachfolgend die Klassifizierung der Süßegrade. Wahrscheinlich denken die Meisten ‚Extra Dry‘ wäre als ‚Extra trocken‘ eine besonders trockene Variante. Leider ein Irrtum, dass Weingesetz arbeitet gerne mit Begriffen, die den Komsumenten etwas im Unklaren lassen…
- Brut Nature: 0-3 g/L Restzucker, ohne zugesetzten Zucker.
- Extra Brut: 0-6 g/L Restzucker.
- Brut: 0-12 g/L Restzucker.
- Extra Dry: 12-17 g/L Restzucker.
- Dry: 17-32 g/L Restzucker.
- Demi-Sec: 32-50 g/L Restzucker.
Beim Prosecco Rosé muss ich eingestehen: der ‚Verschnitt‘ mit 10-15% Pinot Noir ist wirklich eine sehr gute Idee. Der Pinot kann mit diesen 10-15% nicht den Glera-Anteil dominieren, er verleiht nur ein wenig Würze und Struktur – und natürlich diese wundervolle Farbe.
Es schmeckt nicht nur mir!
Ich habe mal die Verkaufszahlen für das Jahr 2023 recherchiert – und gebe sofort zu: ich bin komplett überrascht. Diesen Erfolg am-und-im Markt hätte ich dem Prosecco nicht zugetraut. Unfassbare 520 Mio. Flaschen wurden in der Kategorie ‚Schaumwein‘ produziert, wovon wiederum gigantische 80% ausserhalb Italiens verkauft und getrunken wurden. Zum Vergleich: der spanische Gigant ‚Cava‘ – welchen ich insgeheim auf Platz 1 gesetzt hatte – kam 2023 gerade einmal auf 215 Mio. Flaschen. Die Loire mit ihren 1000km Flusslauf und Weinbergen soweit das Auge reicht: ‚lächerliche‘ 26 Mio. Flaschen. Und selbst die Champagne wirkt mit ihren 299 Mio. Flaschen mengenmäßig fast schon wie ein Zwerg.
Prosecco DOC hat somit eine Erfolgsstory hingelegt, die Viele – auch ich – nicht für möglich gehalten haben. Und das, in nur 15 Jahren. Prosecco entspricht dem Zeitgeist nach etwas leichteren und bekömmlicheren Weinen und Sekten. Das Aromenprofil ist dank der ‚Methode Charmat‘ unter Schaumweinen nahezu einzigartig. Klimatisch ist die Lage zwischen Meer und Dolomiten ein riesiger Vorteil: (Spät-) Fröste, wie in der Champagne oder an der Loire sind rund um Treviso, Conegliano und Valdobbiadene unbekannt. Dazu die sehr fruchtbaren Böden mit hohem Kalkanteil, welcher der Glera-Traube diese tolle Finesse verleihen.
Die Qualitätspyramide – die besten kommen aus den Hügeln
Mit ca. 28.000 Hektar Anbaufläche ist das Gebiet zwischen Padua im Westen und Udine im Osten recht groß und heterogen. Historisch wird die Hügelzone von Conegliano und Valdobbiadene als die beste Anbauzone betrachtet. Die Nähe zu den Dolomiten, die Böden, die sanft geschwungenen Hügel – als das ist so einzigartig, dass hier ein Antrag auf UNESCO- Weltkulturerbe läuft. Diese historische Zone ist wie das kleine Gebiet Asolo als DOCG klassifiziert. Von den eingangs erwähnten 28.000 Hektar sind rund 8.000 Hektar als DOCG klassifiziert (ca. 100.000 Flaschen Spumante per anno). Aber auch die Weine in der flacheren Ebene haben inzwischen ein extrem hohes Qualitätsniveau erreicht, so dass mir eine sensorische Unterscheidung zwischen DOC und DOCG Prosecco zunehmend schwerer fällt.
Interessant: je nach Lesart werden nur 20% der DOC Prsecco und 40% der DOCG Prosecco in Italien selbst konsumiert. Und auch hier ist dieser Konsum mit fast 80% auf den Norden Italiens beschränkt. Mit anderen Worten: in der Toskana in Sizilien oder Apulien spielt Prosecco nahezu keine Rolle, dort trinkt man lokale Spumante oder Franciacorta.