Vor ca. 1 Jahr hatte ich meinen ersten Kontakt mit der ‚Haltinger Winzer eG‘, einer Genossenschaft im Drei-Länder-Eck Schweiz-Frankreich-Deutschland. Es war mein erster ernsthafter Kontakt mit der Rebsorte ‚Gutedel‘. Zwar hatte ich schon mehrmals auf Messen und Veranstaltungen Begegnung mit dem Schweizer Pendant, dem Chasselas, jedoch drängte sich hierbei Gutedel als Rebsorte nicht unbedingt auf. Das lag zum Einen an der schwierigen Import-Situation aus der Schweiz, mehr noch natürlich im Preisniveau der Schweiz. Und das kumulierte schliesslich auch in der Erkenntnis, dass die gebotene Qualität nicht den Aufwand oder den Preis rechtfertigen (die Schweizer mögen an dieser Stelle nachsichtig mit mir sein…)
Das Markgräfler Land – Heimat des Gutedel
Sprechen wir über ‚Gutedel‘ in Verbindung mit ‚Deutschland‘, landen wir automatisch im südlichen Teil des Anbaugebietes Baden. Hier, im Markgräfler Land ist die Rebsorte noch mit gut 1000 Hektar Rebfläche prominent vertreten. Zum Vergleich: die Schweiz kultiviert ca. die 3,5-fache Fläche. Historisch betrachtet soll es Markgraf Karl Friedrich von Baden im Jahre 1780 gewesen sein, der Rebstöcke aus Vevey am Genfer See mit ins Markgräfler Land gebracht hat. Und die Rebsorte ist ‚gekommen um zu bleiben‘. Zwar spielt die Rebsorte weder national noch international eine große Rolle – regional gehört sie hingen in die Badische (Markgräfler) DNA wie etwa der Riesling im Rheingau oder der Spätburgunder an der Ahr.
Wenn Sie sich die ganze Zeit fragen: Wo liegt denn dieses ‚Markgräferland?‘ Betrachten wir den Weinbau, so sprechen wir von der Hochrheinebene ab der Grenze zu Schweiz (also Weil am Rhein) bis etwa südlich von Freiburg.

Heterogen & abwechslungsreich: die Badische Weinstrasse unterscheidet sich von Nord nach Süd klimatisch, geologisch und auch stilistisch. Wichtig: in der Grafik sind nur die Badischen Anbaugebiete dargestellt. Natürlich gehört zu dem gesamten Anbaugebiet Baden-Württemberg auch noch das Gebiet ‚Württemberg‘, welches eher von Rotweinen dominiert ist. Den größten (nationalen) Bekannheitsgrad der Badischen Anbaugebiete geniesst nach-wie-vor der Kaiserstuhl.
(Quelle: Schwarzwald Tourismus GmbH)
Markgräfler Land: Spannende Einflüsse durch das ‚Dreiländereck‘
Vom Firmensitz der Haltinger Winzer und von den Topp-Lagen ‚Haltinger Stiege‘, ‚Weiler Schlipf‘ sind es Luftlinie jeweils ca. 5 km bis in westlich gelegene Elsass und in die südlich gelegene Schweiz. Diesen ‚internationalen‘ Einfluss spürt man eindeutig in Küche und Keller. Das Essen und die Qualität ist französisch geprägt, nicht selten superb bis großartig. Die Weinstilistik ist meiner Meinung nach auch deutlich an die elegante, französische Stilistik angelehnt. Hier sind nicht die aromatischen Fruchtbomben gefragt, viel mehr sind Eleganz, Mundgefühl und Abgang im Mund stark im Fokus. Zudem merkt man dies mit den angebotenen Jahrgängen: vergleichbar dem Elsass unterliegt man mitnichten dem Jugendwahn, sondern bringt selbst Basis-Weine mit mindestens 2 Jahren Reife auf den Markt. Das gefällt mir. Das schmeckt mir.
Die vielleicht französischste Anbauregion Deutschlands
Wie bereits erwähnt: das Elsass liegt direkt auf der anderen Rheinseite. In südwestlicher Richtung blickt man bereits auf das schweizerisch-französische Juragebirge. Ob man nun von Haltingen in die Pfalz nach Forst fährt, oder aber nach Beaune ins Burgund: es geht sich auf das Gleiche aus. Ergänzend darf nicht vergessen werden, dass im Weinanbaugebiet Baden die Burgundersorten wie Grauer Burgunder, Weisser Burgunder, Chardonnay und Pinot Noir schon immer eine große Rolle gespielt haben. Bitte beachten: das gesamte Anbaugebiet ‚Badische Weinstrasse‘ ist sehr heterogen. Die ca. 15.000 Hektar erstrecken sich von Tauberfranken im Norden (unweit von Würzburg) bis hinunter nach Weil an der Schweizer Grenze. Und östlich des Schwarzwaldes gehören die Rebflächen des Bodensee ebenfalls zum Anbaugebiet Baden. Während der Riesling in der Ortenau noch stark anzutreffen ist, übernehmen ab dem Kaiserstuhl (nördlich von Freiburg) eindeutig die Burgundersorten das Kommando.
Die Haltinger Winzergenossenschaft
Historisch betrachtet, haben Winzergenossenschaften in Baden schon immer eine sehr große Rolle gespielt. Von über 100 Genossenschaften ist -nicht zuletzt aufgrund von Fusionen- die Anzahl auf plus/ minus 70 geschrumpft, jedoch bewirtschaften diese immer noch 2/3 der Anbaufläche. Einer der kleinsten Genossenschaften – und zugleich die südlichste Genossenchaft Deutschlands, sind die ‚Haltinger Winzer eG‘ in Haltingen. Nur knapp 50 Hektar werden von den ca. 60 Genossen bewirtschaftet. Mit Kellermeister Ingo Ehret und Geschäftsführer Michael Heintz zudem eine sehr überschaubare Personalstruktur. Eigentlich fast wie ein normales Weingut. Die zu verkaufende Menge ist nicht riesig, folglich muss man nicht auf Teufel-komm-raus in den Markt drücken. Man könnte ergänzend sagen, dass sich die Genossen zudem den Luxus eines exquisiten Geschmacks leisten ;-) Hier gibt es edelsüße Weine genauso wie Burgunder in den verschiedensten Ausbaustufen. Nicht zuletzt gewinnt man in schöner Regelmäßigkeit den internationalen Chasselas-Wettbewerb. Es verwundert nicht, bewirtschaften die Genossen doch Topp-Lagen wie den ‚Weiler Schlipf‘, die ‚Haltinger Stiege‘ und weiter nördlich Richtung Freiburg den ‚Badenweiler Römerberg‘.
Im Markgräfler Land dominiert der Gutedel mit ca. 40% Anbaufläche – und stößt hierbei eigentlich nur auf eine regionale Nachfrage. Das sorgt für Preise, die meiner Meinung nach ein gespielter Witz sind. Aber so ist es nun mal mit ‚Angebot & Nachfrage‘. Und scheinbar sieht sich in der nationalen Händlerschaft auch Niemand dazu berufen, einfach mal ‚unbekanntere‘ Sorten neben den omnipräsenten Grauburgunder zu stellen…
Zu qualitativ ganz großer Form laufen die Haltinger-Genossen in der Topp-Linie ‚Exklusiv‘ auf. Ertragsreduzierung, langes Lager auf der Feinhefe und feinfühliger Ausbau im Barrique sind hier der Standard. Nicht zuletzt die Böden sind maximal prägend: die Lagen der Genossen sind durch die Bank sehr kalkhaltig und erinnern sehr an die geologische Struktur des Burgunds. Von woher ja bekanntlich nicht die aller schlechtesten Weine kommen…
Absolute Überraschung war für mich in diesem Jahr der Riesling: der 2023er ist mitnichten ein aromatischer Riesling. Am Gaumen hingegen eine Eleganz, wie ich sie bisher nur aus der Wachau oder den Grand Crù des Elsass kenne. (Warnhinweis: der klassische Rieslingtrinker wird womöglich sagen ’nicht typisch Riesling’…)
Können die Genossen auch Rotwein? Und ob! Man leistet sich den Luxus Merlot oder etwa auch Syrah reinsortig auszubauen. Der Merlot erinnert ein wenig an St. Emillion, der Syrah auch formidabel. Jedoch bin ich ehrlich: da trinke ich lieber Frankreich. Was jedoch an Pinot Noir / Spätburgunder auf die Flasche kommt, ist atemberaubend. Da muss ich wrklich niht nach Frankreich…
Im Sortiment ab Mittwoch 16. April 2025:
- ‚Haltinger Stiege‘ Gutedel Baden QbA 2022: feine Zitrusnoten, mineralisch, wunderbar frische & saftige Säure.
- ‚Chasselas‘ Baden QbA 2023 (teilweise im Barrique und mit Batonage): wunderbarer Schmelz, schöne Würze & Extrakt, wunderbar frische Säure. Tolle Interpretation, was Gutedel kann! Siegerwein im GutedelCup.
- Chardonnay Baden QbA 2022 (nur Stahltank): feiner Zitrus, etwas Nuss, Maracuya und gelbe Melone. Und das alles sehr dezent und nicht aufdringlich. Wunderbar frisch und elegant, toller ‚Chado‘!
- Pinot Gris Baden QbA 2022 (teilweise Barrique): feine, kühle Aromatik, dezente Hefenoten, ganz viel Schmelz. Ist stoffig und trotzdem elegant. Wenn ich einen Grauburgunder ‚groß‘ finde, dann muss das schon etwas heissen.
- Weisser Burgunder & Chardonnay Baden QbA 2023 (nur Stahltank): rund, ausgewogen. Die Frucht des Chardonnay trifft auf die Würze des Weissburgunder. Einfach nur ein schöner, runder Wein.
- Riesling Baden QbA 2023: für mich schlichtweg grandios. Die 13,5% Alk. perfekt eingebunden. Eigentlich ist es dem Riesling schon fast zu heiss, aber die kalkhaltigen Böden sorgen dafür, dass hier Feinheit & Eleganz dominieren. So schmeckt eigentlich die Wachau oder Grand Cru im Elsass. € 12,50 sind für die gebotene Qualität ein Schnapper.
- Muskateller Feinherb Baden QbA 2022: Eigentlich liebe ich trockene Muskateller. Trotzdem komme ich mit den 15g Restzucker / Liter bei diesem Wein komplett klar. Das ist blitzsauber, die Aromatik wird nicht seifig. Mineralische Noten und Säure machen diesen ‚feinherben‘ blitzsauber. Da kommen ‚Trockentrinker‘ genauso mit klar wie ‚Fruchtigtrinker‘.
- Spätburgunder Badenweiler Römerberg Baden QbA 2023: sortentypisch wie aus dem Lehrbuch: Kirsche, Brombeere, etwas Johannisbeere leichte Pfeffernote. Große Eleganz, gute Würze, wunderbare Länge auf saftigem Tannin. Das ist einfach nur sehr, sehr gut! Und wir reden über eine € 12,00 die Flasche!!!
- Pinot Noir Baden QbA 2021: ein wilder Pinot, der Luft braucht! Das ist Grand Crù vom Allerfeinsten, da lauert hinter jeder Ecke eine Facette. Dieser Wein ist herrlich undeutsch, von unfassbarer Eleganz. Unter € 20,00 die Flasche!
- Baden Crémant Sekt Brut b.a.: Chardonnay trifft auf Grauburgunder. Tolles Hefelager, ganz dezente Holznote. Etwas Birne, feiner Brioche. Er schmeckt sehr, sehr französisch!