Bettina Schumann: Badisch Rotgold neu interpretiert

Badisch Rotgold? Noch nie gehört? Grämen Sie sich nicht, auch mir war diese Kategorie ‚Wein‘ bis vor wenigen Wochen komplett unbekannt. Und selbst wenn Sie nun ‚google‘ bemühen – es wird Ihnen wahrscheinlich nur der Name ‚Bettina Schumann‚ oder ‚Weinhaus Rabe‘ (RAlph & BEttina) angezeigt…
‚Badisch Rotgold‘ scheint genau wie die berühmt-berüchtigte ‚Liebfraumilch‘ oder ‚Zeller Schwarze Katz‘ ein Relikt der 1970er Jahre, als deutscher Wein massenkompatibel süß eine komplette Generation in Rausch & Kopfweh trieb…
Beim Badisch Rotgold handelt es sich zwar um einen Wein mit der Farbe Rosé, aber laut Weinrecht auf gar keinen Fall um einen ‚Rosé‘. Nein, wir müssen hier technisch vom Begriff des ‚Rotling‘ sprechen, einer Weingattung die es m.W. so nur in Deutschland (und hier vorwiegend in Württemberg & Franken) gibt. Während der ‚Rosé‘ aus roten Trauben gekeltert wird und seine Farbe dadurch erhält, dass der Saft nur kurz mit den farbgebenden Schalen in Kontakt war, werden beim Rotling schlichtweg rote & weisse Trauben gemischt. Was sich auf den ersten Blick nach willkürlicher Panscherei anhört, ist de facto kellertechnisch gar nicht mal so anspruchslos. Nehmen wir das konkrete Beispiel des ‚Badisch Rotgold‘ von Bettina & Ralph (Hinweis: ein anderes Beispiel kann ich aktuell gar nicht nehmen, da die Beiden augenscheinlich die einzig Verrückten sind, die sich an diesen historischen Wein wagen…): laut badischem Weinrecht ist ein Anteil von mindestens 51% Grauburgunder vorgeschrieben plus als zweiter Rebsorte zwingend der Spätburgunder. Die Weine müssen zudem ZUSAMMEN ausgebaut werden, soll heissen: Grauburgunder & Spätburgunder werden bereits als Most verschnitten und gären dann zusammen. Das ist schon mal eben eine Hausordnung, die garantiert kein Winzer so aus dem Ärmel schütteln kann – sprich: wer hat hierbei schon Erfahrung? Bettina & Ralph geben den ‚Badisch Rotgold‘ zudem noch ins Holzfass, genauer ins 225 Liter fassende französische Barrique. ‚Verschnitten‘ oder ‚Cuveetiert‘ werden zum Schluss nur die veschiedenen ‚fertigen‘ Fässer mit unterschiedlichem Grad an Restzucker.
An dieser aufwendigen Herstellung erkennt man bereits: der einstige Pfad des Rotgold als ‚beglückenden Rauschmittels für Kegelclubs‘ wurde meilenweit verlassen, nein, hier geht es darum etwas ‚Altbackenes‘ komplett neu & modern zu interpretieren. So finden wir in der Nase leicht rauchig-würzige Ankläge des Spätburgunders, sanft begleitet von dezenten Himbeer-/Erdbeernoten. Hinzu etwas gelbe Frucht nach Birne, am Gaumen eine ordentlich-schmelzige Textur aus der Kombi ‚Grauburgunder plus Holz‘, aber nie vanillig oder sperrig. Der Wein ist von der Analyse her mitnichten trocken, aber die 10 Gramm Restzucker braucht der Wein auch locker, um dieser Struktur & Würze ein elegant-trinkiges Kleid zu verleihen. Und was ist es jetzt nun? Rosé? Leichter Rotwein? Wuchtiger Grauburgunder? Rotling?
Lassen Sie es mich so sagen: für mich ist es ein großer Wurf, ein Wein, den ich nicht vergleichen muss, sondern der ganz bewusst als ‚Badisch Rotgold‘ eine alte/ neue Nische besetzen kann.
Nur Eines ist klar: ein ‚Terrassen-hau-mich-weg-Hubba-Bubba-Rosé‘ ist das garantiert nicht, dafür ist schlichtweg viel-zu-viel Leben in diesem Wein!

‚Badisch Rotgold‘ Baden QbA – € 9,90/ 750ml Flasche

 

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